Der Junge aus dem Meer: Gekürzte Lesung

Der Junge aus dem Meer: Gekürzte Lesung - Aimee Friedman *Worum geht's?* Bio, Chemie und Physik statt Puppen, Schminke und Jungs. Miranda Hawkins experimentiert in allen Bereichen der Wissenschaft, seit sie denken kann. All die üblichen Mädchenhobbys sind an ihr vorbeigezogen und haben niemals ihr Interesse geweckt. Deshalb ist es nicht überraschend, dass sich Miranda nicht wie ihre Altersgenossinnen auf einen großartigen Strandurlaub mit Sommerflirts freut, als ihre Mutter ihr eröffnet, sie in den Ferien mit zu ihrer alten Heimat Selkie Island mitzunehmen. Doch Miranda merkt schon während der Schifffahrt, dass auf dieser Insel besondere Ereignisse auf sie warten. Und plötzlich ist da dieser Junge, Leo, der alle logischen Erklärungen und Beweise unwichtig macht... *Kaufgrund:* Nach vielen positiven Rezensionen kam auch ich nicht um diesen Roman herum. Zu erst wurde ich allerdings durch den vielversprechenden Klappentext auf "Der Junge aus dem Meer" aufmerksam, der nach einer Art "Hibikussommer" (von Alyson Noel) mit einem Hauch Magie klang. *Meine Meinung:* Die Geschichte ist leichte Kost, ein Buch zum Genießen während eines sonnigen Tages am Strand - nicht mehr, und nicht weniger. Die Handlung ist belustigend und spaßig, haut jedoch nicht vom Hocker. Sie ist extrem vorhersehbar und verläuft inhaltlich fast genauso, wie man es sich während des Lesens denkt! Friedman baut viele Andeutungen in die Dialoge ihrer Charaktere und die Gedanken ihrer Protagonistin, aber jeder, der eins und eins zusammenzählen kann, weiß sofort, was hinter diesen Anspielungen steckt. Die "große Auflösung" am Ende des Romans ist somit kein "Aha"-Erlebnis, sondern eher eine zwanghafte Aufklärung, um das Buch rund ausklingen zu lassen. Bloß das Geheimnis um Leo konnte mich überzeugen. Durch die vielen offensichtlichen Szenen denkt man als Leser ständig daran, wann denn nun Leos mysteriöses, wahres Ich aufgedeckt wird - schließlich ist von Anfang an klar, was hinter dem Jungen steckt! Oder etwa nicht? Selbst lesen und überraschen lassen! Es sei nur eines gesagt: Friedman lässt uns viel Platz zum Träumen. Protagonistin Miranda, ein einfaches, sachbezogenes Mädchen, gerät während ihrer Zeit auf Selkie in Situationen und Umstände, die sie niemals für möglich gehalten hätten. In ihrer Heimatstadt New York war sie stets das unscheinbare, blasse Mädchen, doch nun steht sie im Mittelpunkt aller Geschehnisse. Sie gehört augenblicklich zu einer High-Society-Mädchenclique und der tollste Typ der Insel interessiert sich für sie. Es könnte so schön sein, aber tief in ihrer Seele weiß Miranda: All das passt nicht zu ihr. Ein innerlicher Kampf zerreißt sie. Soll sie sich auf diese neuen Dinge einlassen oder sich selbst treu bleiben? Je mehr Zeit Miranda auf Selkie verbringt, desto mehr verblasst ihr altes Ich und ihre pragmatische Art. Schuld daran ist der Fischersjunge Leo, der Mirandas Herz berührt. Erst durch ihn lernt sie, was verliebte Gefühle und das wohlige Herzklopfen bedeuten. Aber was wäre eine echte Liebesgeschichte ohne Problem: Leo entspricht als Sohn eines Fischers weder den Vorstellungen von Mirandas Mutter, noch den Geschmäckern ihres neuen Bekanntenkreises. Und dann ist da noch dieses Buch, das Miranda gefunden hat, und von Meermännern berichtet, zu denen Leo perfekt zu passen scheint. Fest entschlossen und von der Mystik Selkies völlig verzaubert, macht sich Miranda auf die Spur des Geheimnisses. Die Nebencharaktere hätte man eins zu eins aus einem Teenie-Film übertragen können. Dementsprechend fällt es nicht schwer, sich vorzustellen, wie oberflächlich sie gestaltet worden sind. Sie sind zwar nett und durchaus amüsant, doch Tiefe sucht man bei ihnen vergeblich. Zum Ende hin hat die Autorin versucht, dies zu ändern, indem sie einige "Rätsel und Geheimnisse" aufdeckt, leider konnte sie damit das Ruder nicht mehr herumreißen. Das besondere an Friedman Schreibstil war, dass man an ihm spüren konnte, wie Miranda sich entwickelt. Anfangs war ich sehr enttäuscht von der distanzierten, kühlen und ausdrucksschwachen Sprache, doch sie repräsentiert die wissenschaftliche und pragmatische Protagonisten ausgesprochen gut. Im Laufe des Geschehens wird Miranda weicher, gefühlvoller und plötzlich tauchen wunderschöne sprachliche Verzierungen in dem Roman auf. Für die Tatsache, dass Aimee Friedman es schafft, den Leser Mirandas Werdegang spüren zu lassen ohne dabei jede Kleinigkeit betonen zu müssen, gibt es einen riesigen Pluspunkt! Die Atmosphäre des Romans ist ein weiteres Highlight. Man fühlt sich bis zur letzten Seite, als würde man sich tatsächlich auf einer Insel befinden. Fast scheint es so, als könnte man den Sand zwischen den Zehen, das salzige Meerwasser auf der Zunge, die angenehme Brise auf der Haut persönlich spüren. Bei diesem Buch bekommt man definitiv Lust auf einen Strandurlaub! *Cover:* Diesmal ist das typische Mädchengesicht nicht allein, sondern teilt sich den Coverplatz mit einem Partner. Diese Szene könnte man genauso auf Miranda und Leo übertragen! Sicherlich wird dieses Titelbild viele - besonders junge - Leserinnen zum Kauf des Buches animieren. Mich persönlich spricht das Pärchen nicht an; sie beeinflussen meine eigene Vorstellung von den Protagonisten zu sehr. Die blumigen Verzierungen auf dem Cover machen jedoch vieles wieder wett, an ihnen kann ich mich kaum sattsehen! *Fazit:* "Der Junge aus dem Meer" ist ein sommerlicher Jugendroman, den man als perfekte Strandlektüre bezeichnen könnte. Er hat zwar einiges zu bieten, aber sicherlich keine Tiefe, daher ist er nur denjenigen zu empfehlen, die sich nach einer einfachen, amüsanten und mysteriös angehauchten Liebesgeschichte sehnen. Weil ich mich nach der letzten Seite einfach pudelwohl gefühlt habe und mir die Auflösung um den "Jungen aus dem Meer" sehr gut gefallen hat - sie hebt sich deutlich von anderen Büchern des Genres ab - vergebe ich 4 Sterne.