Das göttliche Mädchen

Das göttliche Mädchen (Klappenbroschur) - Aimee Carter *Worum geht's?* Um ihrer Mutter ihren letzten Wunsch zu erfüllen, zieht die achtzehnjährige Kate zusammen mit ihr in die Kleinstadt Eden in Michigan. Kate lebt in ständiger Angst, ihre Mutter würde den nächsten Tag nicht mehr erleben. Sie ist schließlich die einzige Person, die ihr je etwas bedeutet hat. Aber dann trifft Kate auf Henry, einen attraktiven jungen Mann, der ihr verspricht, ihre Mutter am Leben zu halten, wenn sie dafür Jahr für Jahr sechs Monate bei ihm auf Edens Manor verbringt. Kate ist verwirrt (das kann doch nur ein schlechter Scherz sein!) und der felsenfesten Überzeugung, dass so etwas nicht möglich sein kann - bis sie Zeugin davon wird, wie Henry ein Mädchen nach einem schrecklichen Unfall wiederbelebt. Denn Henry ist Hades, der Herr über die Unterwelt, der nach einer Gefährtin sucht, die dazu fähig ist, an seiner Seite über die Toten zu regieren. Kate soll nun diesen Platz einnehmen und sein Wintermädchen werden, doch zuvor muss sie sieben Prüfungen überstehen. Sollte sie nur an einer einzigen scheitern, wird die Abmachung platzen, ihre Mutter sterben - und sie? Bisher waren alle Mädchen, die es versuchten, dem Tod geweiht... *Kaufgrund:* "Das göttliche Mädchen" reiht sich in die Jugendromane mit mythologischen Ansätzen ein, bei denen ich einfach nicht widerstehen kann! *Meine Meinung:* Kate ist eine Protagonistin, die es bisher nicht leicht hatte. Mit ihren achtzehn Jahren sollte ihre einzige Sorge der bevorstehende Abschlussball sein, doch statt sich um Kleider und Make-up zu kümmern, fährt sie mit ihrer krebskranken Mutter in deren Geburtsort, die Kleinstadt Eden, um ihr damit ihren letzten Wunsch zu erfüllen. Seit Jahren vernachlässigt Kate ihr eigenes Leben, um für ihre unheilbar kranke Mutter da zu sein - Hut ab! Dass es ein junges Mädchen schafft, so viel Stärke und Selbstlosigkeit zu beweisen, ohne unter der Last zusammenzubrechen, verdient eine Menge Respekt. Dadurch ist Kate erwachsener und reifer als andere Mädchen in ihrem Alter. Sie hält sich nicht mit kindischen Highschool-Zickereien auf, interessiert sich nicht für irgendwelche Schwärmereien, sondern fixiert sich völlig auf die Person, die ihr am meisten bedeutet. Sie trägt das Herz am rechten Fleck, ist liebenswürdig und sympathisch. Zu Beginn des Romans war ich regelrecht begeistert von Kate. Leider wird ihr Charakter im Handlungsverlauf stetig schwächer. Sie wird naiver und trifft unglaubliche Entscheidungen, die man ihr nicht zugetraut hätte. Es scheint, als würde sie während ihres Aufenthalts in Edens Manor ein anderer Mensch sein. Zum Glück schafft es Kate zum Ende hin wieder aus diesem Tief heraus und lässt auf eine insgesamt stärkere Protagonistin im Folgeband hoffen. Henry, der Herr über die Toten, ist ein ruhiger, aufrichtiger Mann, der von allen Figuren in "Das göttliche Mädchen" am meisten Tiefgang besitzt. Persephones Verlust hat ihn so schwer getroffen, dass er sein Herz für alle anderen verschlossen hat. Trotz seiner Trauer bemüht sich Henry, fair und gerecht zu handeln und seiner Rolle als Herrscher über die Unterwelt gerecht zu werden - leider vergeblich, denn die anderen Mitglieder des göttlichen Rates sind nicht länger von ihm überzeugt und stellen ihm ein Ultimatum: Wenn er nicht innerhalb eines Jahrhunderts ein Mädchen findet, dass Persephones Platz einnehmen kann, wird er vergehen. Kate sollte seine letzte Hoffnung sein, doch tief in seinem Inneren hat Henry schon längst aufgegeben. Kaum ist Kate in Eden angekommen, hat die Schule erkundet und die ersten Bekanntschaften gemacht, fallen aufmerksamen Lesern bereits die ersten Ungereimtheiten auf. Es geschehen Dinge, die weder logisch erscheinen noch im Bereich des Möglichen liegen, und Personen verhalten sich unnatürlich. Unglaubliches wird einfach hingenommen, ohne besonders hinterfragt zu werden. Sogar die Tatsache, dass die neu eingeschriebene Schülerin der Eden High plötzlich nicht mehr zum Unterricht erscheint - sie befindet sich schließlich in Eden Manor - scheint niemanden in der Kleinstadt zu beunruhigen. Diese Unstimmigkeiten sind an einigen Stellen so störend, dass man sie nur kopfschüttelnd hinnehmen kann. Im Verlauf der Geschichte liefert Aimée Carter für diese Widersprüchlichkeiten einige Antworten, die jedoch einen sehr erzwungenen Eindruck hinterlassen statt zufriedenzustellen. Leider wirkt die gesamte Geschichte nicht gut durchdacht. Dabei hätte sie so großes Potenzial gehabt, denn die Idee von Aimée Carter ist interessant, romantisch und aufregend. Statt das auszunutzen und eine geheimnisvolle Handlung voller Dramatik und Spannung zu schreiben, scheint sich Aimée Carter zwischen ihren eigenen Handlungselementen zu verlaufen. Immer dann, wenn sie eine neue Idee einbringt, die eine interessante Entwicklung mit sich ziehen könnte, lässt die Autorin viel zu schnell wieder von ihr ab und lässt sie ins Leere laufen. Ihre tollen Ideen bekommen nicht einmal die Chance, sich entfalten und beweisen zu können. Dazu kommt, dass die gesamte Handlung sehr oberflächlich und durchsichtig ist. Als Leser hat man die Geschichte sehr schnell durchschaut und weiß daher meist, wie es weitergehen wird. Bis auf eine kleine unerwartete Wendung zum Schluss kann "Das göttliche Mädchen" also leider nicht mit Überraschungen glänzen. Ein klarer Fall von einer durchschnittlichen Umsetzung trotz großartiger Ansätze. Kates Prüfungen waren für mich die größte Enttäuschung. Nach dem vielversprechenden Klappentext habe ich Aufgaben erwartet, durch die Kate an ihre Grenzen stößt. Tests, durch die sich die Protagonistin verändert. Doch leider blieb es, wie bereits bei der Handlung, nur bei einer guten Idee der Autorin: Kate bekommt vom mysteriösen Götterrat sieben Prüfungen auferlegt, die sie allesamt bestehen muss, um als Nachfolgerin Persephones anerkannt zu werden. Dabei muss sie nicht etwa durch die Hölle gehen, sich selbst überwinden oder kleine Wunder vollbringen, sondern einfach stillschweigend ihr Leben leben. Denn die Aufgaben spielen sich bloß ruhig im Hintergrund des Geschehens ab; man bemerkt sie nicht einmal. Welch verschwendeter Stoff! Trotz der großen Kritikpunkte würde ich "Das göttliche Mädchen" jedem weiterempfehlen, der die Mischung aus Young Adult und Mythologie gern liest. Es mag in der Geschichte einige Ungereimtheiten geben, aber insgesamt schafft es das Buch doch sehr gut, seine Leser zu unterhalten. Dank Carters flüssigem, leichten Schreibstil und ihren guten Ideen gerät man in einen mitreißenden Lesefluss. Man möchte die ganze Zeit wissen, wie es mit Kate und Henry weitergeht, und freut sich mit jeder Seite mehr auf den großen Knall, die unerwartete Enthüllung, die plötzliche Überraschung. Dass diese schließlich kleiner ausfällt, als man es sich gewünscht hätte, enttäuscht zwar, ändert jedoch nichts daran, dass man bis dahin viel Spaß beim Lesen hatte. Besonders die Liebesgeschichte zwischen Kate und Henry verfolgt man gern, denn diesmal ist es nicht der Junge, der um das Mädchen kämpft. In Aimée Carters Debüt übernimmt die weibliche Seite die Initiative, um ihrem Herzbuben näher zu kommen. Der ist allerdings kaum an einer neuen Beziehung interessiert, hängt sein Herz doch noch immer an seiner verflossenen großen Liebe... Es ist eine sanfte, zärtliche Liebe, die Carter langsam zwischen Kate und Henry erblühen lässt. Zu Beginn gehen beide aus völlig eigensinnigen Gründen auf die Abmachung ein, die sie für alle Ewigkeit aneinander binden soll. Gefühle haben sowohl für Kate als auch für Henry keine Bedeutung gehabt. Von der typischen "Liebe auf den ersten Blick", einer überstürzten Beziehung oder der unrealistischen "Er/Sie ist meine große Liebe"-Schwärmerei nach dem ersten Date ist in diesem Buch nichts zu spüren. Kate und Henry tasten sich sehr zaghaft aneinander heran, als sie ihre Gefühle füreinander entdecken. Aimée Carter beschreibt diese Beziehung so gefühlvoll und einfühlsam, dass man gar nicht anders kann, als sich selbst in das Pärchen zu verlieben. *Cover:* Der Verlag hat sich diesmal dafür entschieden, das amerikanische Originalcover beizubehalten. Mal wieder ist ein Mädchen darauf zu sehen; nicht besonders einfallsreich, aber die bildhübschen jungen Frauen liegen bekanntlich im Trend. Wenigstens ist das "Drum-herum" gut gelungen: Mit dem stilvollen Schriftzug, den Mustern und der Flora ist das Cover ein echter Hingucker. *Fazit:* "Das göttliche Mädchen" ist ein Serienauftakt mit Stärken und Schwächen. Insgesamt waren die Geschichte und die Charaktere zu durchsichtig, zu oberflächlich. Trotzdem habe ich mich während der 300 Seiten gut unterhalten gefühlt und das Buch in einem Rutsch durchgelesen. Obwohl "Das göttliche Mädchen" nicht mit anderen mythischen Jugendromanen mithalten kann, hat diese Serie durchaus ihren eigenen Reiz. Band zwei, "Die unsterbliche Braut", ist auf jeden Fall ein Muss! Für einen mittelmäßigen Start vergebe ich 3 Sterne.