Rezension: "Radioactive: Die Verstoßenen" [German Review]

Radioactive: Die Verstoßenen - Maya Shepherd

*Worum geht's?*
Nach dem dritten Weltkrieg ist die Erde radioaktiv verseucht. Ein Leben auf dem Planeten ist kaum noch möglich und so wurden die Überlebenden in Sicherheitszonen zusammengepfercht, um sie vor der tödlichen Strahlung zu sichern. Die Regeln dort sind streng, doch jede einzelne dient bloß dem Schutz der Bevölkerung. Unruhen oder gar ein weiterer Krieg müssen um jeden Preis verhindert werden! Deshalb gibt es weder private Besitztümer noch Individualität in der Sicherheitszone.
D518 wurde an dem verbarrikadierten Ort geboren. Sie kennt nur dieses kontrollierte und von den Legionsführern bestimmte Leben, aber sie ist zufrieden dort. Schließlich ist sie dort sicher, beschützt, außer Gefahr - oder etwa nicht? Als D518 von einer Gruppe Rebellen entführt wird, muss sie den Tatsachen ins Auge sehen: Alles, woran sie je geglaubt hat, war eine große Lüge, um sie und die anderen ruhig zu stellen. Denn die Erde ist gar nicht unbewohnbar. Außerhalb der Mauern der Sicherheitszone spielt sich das pure Leben ab. Aber ist D518 dort sicherer? Weshalb haben die Rebellen sie entführt - und was haben sie noch mit ihr vor?

*Kaufgrund:*
Ich wurde durch die Autorin selbst auf den Roman aufmerksam, als Maya Shepherd mich dazu einlud, an ihrer Blogtour teilzunehmen. Als großer Dystopie-Fan konnte ich bei "Radioactive: Die Verstoßenen" natürlich nicht Nein sagen!

*Meine Meinung:*
"Radioactive: Die Verstoßenen", der Auftakt einer dystopischen Trilogie, stammt aus der Feder der jungen Indie-Autorin Maya Shepherd und ist damit unweigerlich mit Vorurteilen behaftet. Leider völlig zu Unrecht, wie ich ganz ausdrücklich betonen möchte, denn "Radioactive" ist ein Roman, der es mit anderen Büchern aus dem Genre der Dystopien zweifelsohne mithalten kann. Die Autorin hat zwar keine völlig neue Welt erschaffen, aber mit einigen kleinen innovativen Ideen ist es ihr gelungen, vor dem bekannten Hintergrund einer zerstörten Welt und einer radikalen Gesellschaft eine mitreißende Zukunftsvorstellung zu gestalten, die ihre Leser fraglos mitzureißen vermag.

Als ich im Klappentext den Namen der Protagonistin las, bahnte sich noch vor dem Lesen eine schreckliche Vorahnung an: Wenn die Charaktere nur mit Ziffern und Buchstaben benannt wurden, wie gut kann man sie dann noch auseinander halten? Wird man nicht Gefahr laufen, sie häufig zu verwechseln? Beim Lesen merkt man jedoch schnell, dass die merkwürdigen Bezeichnungen kein Problem darstellen. Die Autorin konzentriert sich innerhalb der Sicherheitszone nur auf die wichtigsten Figuren, sodass man gar nicht erst in die Bredouille gerät, eventuell den Überblick verlieren zu können.

Die Geschichte um D518 beginnt in der Sicherheitszone und klärt den Leser über die angeblichen Hintergrundinformationen der bestehenden Welt und das Leben in der verbarrikadierten Gesellschaft auf. An einem Ort, an dem es keine Individualität geben darf, an dem es nur zählt, zu funktionieren, und an dem Entscheidungen bloß von Legionsführern getroffen werden dürfen, ist D518 als 18. in der fünften Generation geboren worden. Sie ist nicht glücklich dort und spürt ganz genau, dass sie anders ist, als die anderen, aber für die junge Frau zählt nur, dass die Sicherheitszone um ihren Schutz und den der gesamten Bevölkerung bemüht ist. Nie würde sie es wagen, die Legion anzuzweifeln oder aufzubegehren, doch dann wird sie von Rebellen entführt...

… und lernt das Leben außerhalb der abgeschotteten Kuppel kennen. Sie kann nicht fassen, dass sie dort nicht innerhalb kürzester Zeit an der radioaktiven Strahlung krepiert, doch was sie im Lager der Rebellen sieht, ist tatsächlich wahr: Ein Leben außerhalb der Sicherheitszone ist möglich! Aber warum verheimlicht die Legion, dass die Radioaktivität abgeklungen ist? D518 weiß nicht mehr, was sie glauben kann, denn mit jedem Tag, den sie bei den Rebellen verbringt, wird ihr klarer, dass die Legion ein falsch Spiel mit den Menschen treibt. Oder verdrehen die Aufständischen ihr den Kopf? Die Ereignisse überschlagen sich, schreckliche Geheimnisse werden gelüftet und fürchterliche Dinge geschehen. D518 muss eine Entscheidung treffen: Auf welcher Seite will sie stehen - und kämpfen?

Der Roman endet mit einem schrecklichen Cliffhanger, der einen verzweifelt aufseufzen lässt. Wieso musste Maya Shepherd ausgerechnet an dieser Stelle einen Schlussstrich für den Trilogieauftakt ziehen?! Ich habe mich sogar dabei ertappt, wie ich die junge Autorin innerlich angebettelt habe, schnell weiterzuschreiben. Mit so einem gemeinen Ende kann man seine Leser doch nicht allein lassen! Immerhin ist die Fortsetzung bereits in Sicht: Im Sommer 2013 soll der zweite Band der "Radioactive"-Reihe erscheinen.

D518 ist die Protagonistin der "Radioactive"-Reihe, die zugleich die Rolle der Erzählerin einnimmt. Sie ist eine sympathische junge Frau, die man auf Anhieb gut leiden kann. Obwohl sie sich darum bemüht, spürt sie innerhalb der Sicherheitszone stets auf Neue, dass sie nicht wie die anderen ist, dass sie nicht einfach wie alle anderen sein kann. Als sie dann bei den Rebellen mit dem echten Leben und der Natur in Berührung kommt, blüht D518 regelrecht auf. Sie kann endlich sie selbst sein und muss sich nicht länger anpassen! D518 ist eine aufrichtige, ehrliche und authentische junge Frau, die einem schnell ans Herz wächst, und einem mit jedem Schritt, den sie in die Richtung ihrer eigenen Persönlichkeit geht, zum Lächeln bringt.

Was mich ein wenig enttäuscht hat, war die Beziehung zwischen D518 und dem Rebellen Finn. Zu Beginn herrscht ein interessantes Spannungsverhältnis zwischen den beiden Charakteren, die unterschiedlicher kaum sein können. Obwohl ich einige Male Mitleid mit D518 hatte - Finn geht wirklich nicht zimperlich mit ihr um! -, habe ich mich doch sehr auf die Schlagabtäusche zwischen den zwei verschiedenen Welten gefreut. Von D518s Seite aus kann man die Entwicklung ihrer Gefühle für Finn sehr gut nachvollziehen, während Finns beinahe urplötzlich aus dem Nichts zu kommen scheinen.

*Cover:*
Nun ja, das Cover entspricht mit dem typischen Mädchengesicht mal wieder dem, was die Masse so sehr zu lieben scheint - und ich leider nicht mehr sehen kann. Bloß die Sanddünen im Hintergrund, die mich an die fremde Landschaft innerhalb des Romans erinnern, können mir ein paar Pluspunkte abgewinnen.

*Fazit:*
"Radioactive: Die Verstoßenen" ist ein aufregender Auftakt einer neuen Dystopie-Trilogie. Dass das Werk aus der Feder einer Indie-Autorin stammt, sollte niemanden abschrecken, denn Maya Shepherd kann zweifelsohne mit bekannteren Autoren gleichziehen. Ihre Dystopie erfindet das Genre zwar nicht neu, bietet allerdings eine gelungene und gut durchdachte Welt voller Intrigen und Spannungen, die für mitreißende Lesestunden sorgt. Ein paar Seiten mehr hätten dem Roman allerdings gut getan - vor allem den Nebencharakteren! Für "Radioactive: Die Verstoßenen" vergebe ich 4 Sterne.